Die Arbeitswelt ist im Wandel und mit ihr auch ihre Beschäftigten: „The Big Quit“ – das große Abschiednehmen – beschreibt den Trend, dass immer mehr Menschen regelmäßig ihren Arbeitsplatz wechseln und ihren alten Arbeitgeber:innen kündigen. Gerade in Zeiten des qualifizierten Fachkräftemangels, handelt es sich hierbei um ein fatales Phänomen, dem die Unternehmen langfristig und zielsicher entgegenwirken müssen.

Eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstitut Forsa, befragte im Januar 2022 – im Auftrag von XING E-Recruiting – über 2500 Arbeitnehmer:innen in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz zu ihrer Bereitschaft, ihren Arbeitsplatz zu wechseln. Die Umfrage, die seit dem Jahr 2012 die jährliche Wechselbereitschaft untersucht, zeigte grade unter den ca. 1000 deutschen Repräsentant:innen einen eindeutigen Trend. So gaben 37% der Deutschen (darunter vor allem Frauen) an, offen für einen Arbeitswechsel zu seien, was einem Anstieg um rund vier Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Fünf Prozent der Befragten gaben an, für das kommende Jahr bereits feste Wechselpläne zu haben, während ein Drittel angab, sich einen solchen Schritt durchaus vorstellen zu können, ohne jedoch bereits feste Pläne zu haben.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache und zeigen: das Corona-Jahr 2021 hat das Thema Arbeitgeberwechsel und Fachkräftemangel verschärft. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden gaben an, zumindest schon einmal über einen Arbeitgeber:innenwechsel nachgedacht zu haben, zehn Prozent von ihnen haben ihre Pläne bereits in die Tat umgesetzt. Gründe für eine Veränderung gab es viele, besondere Erwähnung fanden aber vor allem die Unzufriedenheit mit dem Führungsverhalten der Vorgesetzten, der Wunsch nach einer ausgewogeneren Work-Life-Balance und die Attraktivität neuer Tätigkeitsumfelder bei anderen Arbeitgeber:innen.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf spielt demnach eine wesentliche Rolle, wenn es darum geht Beschäftigte für das eigene Unternehmen zu gewinnen und sie langfristig zu binden. Die Forsa-Studie belegt, dass gerade Aspekte wie das Verhalten von Vorgesetzten und die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf dazu beitragen können, die Loyalität von Mitarbeitenden zu fördern. Begründet wird diese Annahme durch die Erkenntnis, dass viele der Befragten sich wünschen, ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort an individuelle Lebenslagen anpassen zu können. So würden 59% der 30 bis 40-Jährigen für die freie Wahl des Arbeitsplatzes auf ein zusätzliches Monatsgehalt verzichten. Auch bei den über 50-jährigen ist Zeit die bevorzugte Währung, weshalb 31% für eine bessere Vereinbarkeit die Stelle wechseln würden. Ein Trend, der sich auch bei der Befragung der jüngeren Generation widerspiegelt.

Was also können Unternehmen tun, um die Abwanderung von Fachkräften zu verhindern?

  • Ermöglichen Sie die Mitsprache: auch nach Corona sollte wirkliches Interesse an Vereinbarkeitsthemen und Mitarbeiterbedürfnissen gezeigt werden. Formate bzw. Befragungen in denen es die Möglichkeit gibt, diese Bedürfnisse in eigene Umsetzungsideen zu formulieren, sollten zu unhinterfragten Standards im Unternehmen werden. (Austauschplattformen, Mailboxen etc.)
  • Stärken sie Individuelle Gestaltung: Akzeptieren Sie Ihre Beschäftigten als Entwickler:innen der Grenzen zwischen Familien und Berufsleben.  Der Wunsch nach flexiblen und fluiden Übergängen zwischen privat und beruflich verbrachter Zeit sollte genauso viel Anerkennung bekommen, wie der Wunsch nach klar und eindeutig zugeordneten Zeiten und somit erkennbaren Grenzen zwischen den Sphären.
  • Eröffnen Sie mehr Entscheidungsspielräume: Die Schaffung von Handlungsspielräume, in denen Vorgesetzte und Teams Verantwortung für eine gelingende Vereinbarkeit übernehmen können, ist eine gute Möglichkeit um Ihr Vertrauen in Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu zeigen.
  • Erkennen Sie Bedürfnisse frühzeitig: Seien Sie offen für Änderungen der Vereinbarkeitsbedürfnisse, indem Sie sich bei der Vereinbarkeit am Begriff der Lebensphasen orientieren. Machen Sie das Thema Vereinbarkeit zum regelmäßigen und verpflichtenden Bestandteil der Mitarbeitergespräche, um notwendige Veränderungen und neue Vereinbarungen frühzeitig einleiten zu können.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass ein Umdenken der Unternehmen angesichts des neu gewichteten Machtverhältnisses von Arbeitgeber:innen und Beschäftigten notwendiger ist als jemals zuvor. Indem das Thema der Vereinbarkeit im Rahmen der individuellen Lebensgestaltung nachhaltig in die Organisation integriert wird, kann dem „Big-Quit“ qualifizierter Fachkräfte erfolgreich entgegengewirkt werden.

 

Quellen:

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