Die im Juli 2019 veröffentlichte EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben soll auch frisch gebackenen Vätern die Möglichkeit zur Wahrnehmung eines bezahlten Urlaubes um den Zeitpunkt der Geburt des Kindes gewähren. Eine Umsetzung dieser Richtlinie ist durch die EU-Mitgliedsstaaten bis zum 2. August 2022 im Rahmen des jeweilig nationalen Rechts zu realisieren. Bislang sieht die deutsche Bundesregierung hier jedoch keinen Handlungsbedarf. Bestehende gesetzlichen Regelungen zu Elternzeit und Elterngeld werden als ausreichend angesehen. Ein Gutachten des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) legt gleichwohl andere Resultate nahe.
Gemäß dem DGB-Gutachten ergibt sich ein eindeutiger Handlungsauftrag für die Bundesregierung – aktuell geltende Elternzeit-Regelungen erscheinen nicht ausreichend und stellen keinen adäquaten Ersatz für einen eigenständigen Vaterschaftsurlaub dar. Dabei wird eine konkrete Forderung von 10 bezahlten Vaterschaftstagen laut.
Beim Vaterschaftsurlaub schneidet Deutschland im europäischen Vergleich damit eher schlecht ab. Besonders nordeuropäische Länder nehmen hier eine Vorreiterrolle ein. So haben finnische Väter nach der Geburt ihres Kindes beispielhaft für eine maximale Dauer von 54 Arbeitstagen gesetzlichen Anspruch auf Vaterschaftsurlaub, wobei 18 Tage zusammen mit der Kindsmutter genommen werden können. Der Vater erhält dabei von der Sozialversicherungsanstalt ein sogenanntes Vaterschaftsgeld. In Litauen besteht für Väter die Möglichkeit, nach der Geburt des Kindes einen kontinuierlichen Vaterschaftsurlaub von insgesamt 30 Kalendertagen wahrzunehmen. Bis zu einem Alter des Kindes von drei Monaten wird jener Urlaub zu jedem Zeitpunkt nach der Geburt gewährt. Das hierfür gezahlte Vaterschaftsgeld entspricht 77,58 % des Verdienstes.
Wenngleich Deutschland mit Blick auf den Vaterschaftsurlaub das Schlusslicht bildet, liegt man hierzulande beim Elterngeld weit vorne. Bis zu 14 Monate bezahlte Elternzeit stehen Eltern zur Verfügung. Ein Elternteil kann hierbei für maximal 12 Monate ein Basiselterngeld zu circa zwei Drittel des vorhergehenden Nettoeinkommens beziehen. Weitere zwei Monate lang erhalten Eltern das Elterngeld, sofern beide Partner einen Verzicht des Erwerbseinkommens für die Kindererziehung beanspruchen (Partnermonate).
Ungeachtet dessen liegt neben dem Elterngeld in der gesetzlichen Ermöglichung eines Vaterschaftsurlaubs ein bedeutsamer Anreiz für Väter, sich partnerschaftlich in die Kinderbetreuung sowie -erziehung einzubringen. Damit ließe sich womöglich auch das immer noch bestehende Gender-Cap bei der Wahrnehmung familiärer Verpflichtungen zulasten der Frauen in Deutschland verringern.
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